Gegossenes Holz für zuhause? Wood Plastic Composites (WPCs)

Das Holz macht die Musik
4. August 2022

Weshalb werden eigentlich immer noch so viele Dinge aus Plastik hergestellt? Ein wichtiger Grund: Es können jede Menge Formen ohne großen Aufwand daraus gegossen werden. Das kann der nachwachsende Rohstoff Holz nicht. Zumindest nicht für sich allein: Es ist möglich, wenn man ihn mit Plastik kombiniert. Das ist klimafreundlicher als reiner Kunststoff.

Kunststoffe werden häufig kritisiert, aber es nicht überall gleichermaßen möglich, sie mit nachwachsenden Rohstoffen zu ersetzen.

Für kurzlebige Plastikprodukte wie Tüten und Strohhalme ist der Wald schon in die Bresche gesprungen, denn dort wird inzwischen häufig Papier eingesetzt. Aber was ist mit langlebigeren Dingen wie Fußböden, Möbeln oder zahlreichen Gebrauchsgegenständen, z. B. den Gehäusen von elektronischen Geräten?

Dort kommt es darauf an: Bei größeren Dingen wie Böden oder Möbeln kann der nachwachsende Rohstoff Holz schon sehr gut genutzt werden. Und zwar in verschiedenen Formen: Für hochwertige Anwendungen Massivholz und für günstigere Dinge Holzwerkstoffe wie Spanplatten oder Holzfaserplatten.

Auch für viele kleinere Gegenstände kann Holz gut verwendet werden, denken wir einmal an Werkzeuggriffe, Zahnbürsten und Kisten.

Als gewachsenes Naturprodukt hat Holz allerdings einen technischen Nachteil gegenüber Kunststoffen: Es ist nicht frei in Form gießbar. Das limitiert die wirtschaftliche günstige Nutzbarkeit für Gegenstände, die komplexe Hohlräume oder filigrane Formen haben, z. B. für die Gehäuse von elektronischen Geräten.

Diese leichte Gießbarkeit ist überhaupt ein großer Vorteil vieler Kunststoffe auch im Vergleich zu anderen Materialien wie Metallen: Viele Metalle sind zwar gießbar, benötigen allerdings sehr hohe Temperaturen und ziehen sich beim Abkühlen stark zusammen, was filigranere Formen wieder zerstören würde. Viele Kunststoffe dagegen haben flüssig ein ähnliches Volumen wie fest.

Gängige Verfahren der Kunststoffverarbeitung nutzen diesen großen Vorteil aus, z. B. das Spritzgussverfahren, bei dem verflüssigter Kunststoff in eine Hohlform gepresst wird und dort aushärtet.

Mit reinem Holz gehen solche Verfahren nicht, aber hier kommen die Wood-Plastic-Composites (WPCs) ins Spiel. Dabei werden Holzfasern oder Holzmehl mit Kunststoffen wie Polyethylen oder Polypropylen gemischt. Diese Kunststoffe werden beim Erhitzen flüssig, die kleinen Holzpartikel bleiben fest, aber schwimmen darin und können mitgegossen werden.

Das erschließt neue Verarbeitungsarten und somit auch Anwendungsbereiche für Holz und erhöht damit die Nützlichkeit dieses nachwachsenden Rohstoffs für unseren Alltag noch weiter.

OK, und wofür ist das gut?

Du bist Praktiker und willst wissen, was das alles soll? Was Du aus diesem Material bauen kannst? Zum Beispiel Terrassenböden. Denn anders als bei Böden im Inneren deines Hauses stößt reines Holz dort an Grenzen. Viele Hölzer (z. B. Buche oder Birke) verwittern draußen so schnell, dass sie kaum anwendbar sind, aber selbst witterungsbeständigere Hölzer wie Eiche oder Douglasie mögen es nicht, wenn Wasser auf ihnen steht, was bei Böden leicht der Fall ist. Anders als Deine Gartenmöbel kannst Du Deinen Terrassenboden schließlich nicht im Winter oder bei Gewitter auf den Dachboden packen… Wobei Möbel auch aus WPCs konstruiert werden können.

Auch für Fassaden ist das Material anwendbar. Es ist allerdings nicht zug- und druckfest genug, um tragende Wände oder Balken daraus zu konstruieren. Dafür muss die Faserstruktur des Holzes großflächig intakt bleiben, was bei massivem Holz oder bei Schicht- oder Sperrholz der Fall ist.

Dafür haben WPCs einen anderen Vorteil: Während Farben, UV-Schutz usw. bei Holz außen aufgetragen und immer wieder erneuert werden müssen, können solche Stoffe bei WPCs direkt mit ins Material gemischt werden. Weitere Pflege außer dem gelegentlichen Abwischen von Schmutz erübrigt sich dadurch.

Falls Du selbst Hand anlegen willst: WPCs sind wie Holz bearbeitbar, können also gesägt werden, gebohrt werden etc.

Neben Haus und Garten werden WPCs inzwischen in vielen Bereichen verwendet, z. B. bei der Innenverkleidung von Autotüren.

Warum man Holz nicht schmelzen kann

Während Stoffe wie Eis (also gefrorenes Wasser) oder Gold beim Erhitzen schmilzen, wird Holz bei hohen Temperaturen anfangen zu brennen, falls Sauerstoff da ist. Unter Luftabschluss dagegen wird es pyrolysieren, wobei Holzkohle und viele andere Chemikalien, z. B. Methanol, entstehen. Offensichtlich wird die Holzkohle nicht wieder zu Holz, wenn ich die Temperatur danach wieder senke, anders als z. B. Wasser, das wieder zu Eis wird.

Aber selbst, wenn die Bestandteile von Holz – vor allem Lignin, Cellulose und Hemicellulose – aus dem festen Verbund gelöst und in eine flüssige Form überführt werden könnten, ohne zu gänzlich anderen Stoffen (wie eben Holzkohle) zu werden, würde nach dem Erstarren dabei kein Holz herauskommen, sondern ein unförmiger Klumpen ohne Aussehen, Struktur oder Belastbarkeit von Holz.

Denn Holz zeichnet sich durch die langen, natürlich gewachsenen Fasern aus, die nichts anderes sind als lang gestreckte Zellen der Pflanze. Diese Fasern sind durch ebenfalls natürlich gewachsene Moleküle miteinander verbunden. Den Stoff zu verflüssigen, würde diese gewachsene Struktur unwiederbringlich auflösen.

Bei WPCs wird das Holz nicht verflüssigt, die Fasern also nicht zerstört, sondern höchstens verkürzt. Die Gießbarkeit kommt stattdessen durch die Verflüssigung der Kunststoffe zustande.

Wie nachhaltig sind WPCs?

Anders als bei reinem Plastik ist ein Teil des Kohlenstoffs nicht fossil, sondern regenerativ. Dadurch werden für die gleiche Menge Material weniger fossile Rohstoffe verwendet.  

Das ist natürlich weniger nachhaltig, als 100 % Holz zu verwenden, aber dafür kann es wie gesagt durch die Gießbarkeit und Witterungsbeständigkeit in Bereichen zum Einsatz kommen, wo es mit reinem Holz nicht geht. Somit bringen WPCs Holz zumindest anteilig in neue Bereiche und steigern dadurch deren Nachhaltigkeit.

Wenn Holzabfälle, zum Beispiel Sägespäne, zur Herstellung der WPCs verwendet werden, wird der Kohlenstoff im Holz dadurch länger der Atmosphäre entzogen, als wenn sie entsorgt worden wären.

WPCs selbst müssen wie Plastik entsorgt werden. Oft können sie aber stattdessen einfach wieder geschmolzen und recycliert werden.

Fazit: Wo reines Holz sinnvoll verwendet werden kann, ist es normalerweise nachhaltiger. Wo es aber mangels Gießbarkeit nicht wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann oder wo es sehr schnell zersetzt werden würde, sind WPCs nachhaltig.