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29. Juni 2021

Holz in der Mode: Die Alternative zur Bio-Baumwolle

Die sichtbarste Form von Holz in der Mode sind Accessoires: ich denke an einen meiner Forstwissenschaftsprofessoren, dessen Markenzeichen eine Fliege aus Holz war, oder an meine eigene kleine Sammlung an Holzohrringen. Holz war schon immer verfügbar und ist leicht und intuitiv zu bearbeiten – mich verwundert es nicht, dass es beim Schmücken unserer Körper schon immer Verwendung fand.

Holz findet aber auch den Weg in unsere Kleiderschränke, oft unbemerkt, weil es dann nicht mehr nach Holz aussieht, sondern nach ganz normalem Stoff: Es wird zu Zellulosefasern vergleichbar mit Baumwolle verarbeitet. Während Baumwolle die Zellulose direkt in Faserform liefert, muss die Zellulose aus Holz chemisch aufbereitet werden. Hinter den Textilien Viskose, Modal und Lyocell (im Handel oft unter der Markenbezeichnung Tencel™ des Herstellers Lenzing AG) steckt Holz als Ursprungsrohstoff, aber jeweils ein anderes Herstellungsverfahren, siehe in der Infobox rechts. Solche Stoffe stecken in Klamotten, Unterwäsche oder Heimtextilien.

Holzvielfalt
Holz ist warm, anschmiegsam, natürlich, angenehm, nachwachsend, …
Viele Adjektive kommen mir in den Sinn, wenn ich an Holz denke. Eines geistert besonders oft in meinem Kopf herum: vielseitig.
Die stoffliche Verwendung von Holz ist mehr als Holzbau und Papierherstellung. Holz kann auch mehr als verbrannt zu werden. Holz ist sicher ein Rohstoff, der polarisiert, im gleichen Maße aber auch fasziniert. Durch bestimmte Aufschlussmethoden werden aus dem Rohstoff Chemikalien und andere Werkstoffe. Holzbasierte Nanocellulose findet man sogar in der Kosmetik- und Pharmaindustrie.
In allen Anwendungsbereichen trägt Holz dazu bei, fossile Rohstoffe wie Erdöl nach und nach durch nachwachsende nachhaltige Alternativen zu ersetzen. So hilft es uns, jeden Tag ein bisschen mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz in unseren Alltag zu bringen.

Sie unterscheiden sich in ihren Eigenschaften:

  • Viskose: Wird auch als Kunstseide bezeichnet. Sie ist weich, nimmt aber viel Wasser auf: Vielleicht habt Ihr das auch schon beobachten können. Kleidung aus Viskose ist nach dem aus der Trommel holen immer sehr steif und fest. Sie leiert auch schnell aus.
  • Modal: Ähnelt der Baumwolle in allen Eigenschaften stark, ist damit auch gut waschbar.
  • Lyocell: Etwas weicher als Baumwolle und leitet Feuchtigkeit (z. B. Schweiß) besser ab. Gut waschbar.

[Wer ist überrascht, dass sich dahinter Holz versteckt? – Abstimmung Social Media].

So viel Chemie und doch nachhaltig?

Viskose, Modal und Lyocell sind zwar chemisch verarbeitete Fasern, die so nicht in der Natur wachsen, passen aber trotzdem in den nachhaltigen Kleiderschrank. Wichtig ist, dass das verwendete Holz aus nachhaltigem Ursprung, was z. B. bei Holz aus Deutschland, Österreich der Fall ist. Wenn das Herkunftsland des Holzes nicht klar ist, bieten Labels zur Holzzertifizierung (wie PEFC und FSC) Orientierung, die an den Textilien zu finden sind.

Im Vergleich zu einer Baumwollplantage ist Wald eine umweltfreundlichere Nutzung von Produktionsfläche: Beide liefern nutzbare Rohstoffe, aber die Bäume liefern nebenbei mehr Artenvielfalt, sie binden mehr vom klimaschädlichen Gas Kohlenstoffdioxid, sind fast immer pestizidfrei, werden nicht gedüngt und schützen den Boden und das Wasser. Bei einer Herstellung der Fasern in Mitteleuropa werden auch Abwasser- und vor allem der Arbeitsschutz eingehalten – beides Punkte, die in der Textilindustrie in anderen Weltteilen nicht unbedingt gegeben sind. Insgesamt sind Wasserverbrauch und Transportwege im Vergleich zu Baumwolle geringer.

Auch der Vergleich zu synthetischen Textilien (Polyester, Polyamid, Polyacryl, Elastan) sieht gut aus: Diese werden aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas hergestellt, wodurch Kohlenstoff aus sicheren Lagerstätten unter der Erdoberfläche entnommen und als Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre überführt wird.

Herstellungsverfahren von Viskose, Modal und Lyocell

Das Prinzip ist bei allen drei Stoffen ähnlich:

Holz besteht aus Lignin und Zellulose, das Lignin wird abgetrennt, die verbleibende Zellulose liegt aber als feste Masse vor, nicht als Fasern, und wird für Viskose und Modal in einen in gängigen Lösungsmitteln löslichen Stoff überführt, während für Lyocell ein besonderes Lösungsmittel die Zellulose direkt löst. In jedem Fall wird diese Lösung durch Düsen in ein chemisch anders zusammengesetztes Fällbad gepresst, wo der Stoff nicht gelöst bleiben kann, sondern direkt hinter der Düse wieder als Zellulose ausfällt, effektiv also als Faser aus der Düse austritt. Es handelt sich um sogenannte Regeneratfasern, da die Zellulose erst gelöst, dann aber wieder zurückgebildet, also regeneriert wird.
Was sich zwischen den drei Verfahren unterscheidet sind dieses lösliche Zwischenprodukt und die verwendeten Lösungsmittel.

Viskose: Die „oldschool“ Variante. Das Verfahren zur Herstellung der Viskose wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt.

  • Zwischenprodukt: Zellulose-Xanthogenat (hergestellt, indem Zellulose zunächst mit Natronlauge zu Alkalizellulose verarbeitet wird, die dann mit Schwefelkohlenstoff versetzt wird).
  • Spinnlösung: Wasser mit Natronlauge
  • Fällbad: Wasser mit Schwefelsäure, Natriumsulfat und etwas Zinksulfat

Modal: Hierfür wird vor allem Buchenholz statt Nadelholz verarbeitet, was nach dem Aufschluss des Holzes eine andere Zellulosestruktur ergibt. Das restliche Verfahren entspricht dem der Viskose, nur befinden sich im Fällbad weitere Zusätze, die zu etwas längeren Molekülen in den Zellulosefasern führen.

Lyocell: Hierfür wird die Zellulose wird nicht in einen anderen Stoff überführt:

• Zwischenprodukt: Zellulose (gelöst in N-Methylmorpholin-N-oxid (NMO) und etwas Wasser)
• Spinnlösung: NMO und etwas Wasser
• Fällbad: Lösung mit größerem Wasseranteil, geringerem Anteil NMO

Umweltfreundlichkeit

Bei allen drei Verfahren werden die verwendeten Chemikalien heutzutage zurückgewonnen oder in anderer Form weiterverwendet. Das für Lyocell verwendete Verfahren gilt wegen des Verzichts auf Schwefelkohlenstoff als am umweltfreundlichsten, ist aber auch am teuersten. Alle Verfahren brauchen Wärme sowohl für den Aufschluss des Holzes als auch für die Lösung der Zellulose. Um diese klimafreundlich zu erzeugen, kann das abgetrennte Lignin verbrannt werden (im Endeffekt ist das eine energetische Holznutzung).

Bildnachweis

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Kleider im Wald auf der KleiderstangeForeniusAdobe Stock
Kleid aus Holzfasern am Baumast im WaldForeniusAdobe Stock